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Lessons learnt from the Paradise Papers

Mittwoch, 15. November 2017

Lessons learnt from the Paradise Papers

Ein Kommentar von Aufsichtsrat und Mitinitiator Christian Felber

 

Nach den Steuer-CDs, Luxemburg-Leaks und Panama-Papers nun also die Paradise Papers. Welche grundlegende Lehre könnte aus diesen wiederkehrenden Steuervermeidung-Skandalen gezogen werden? Regierungen weigern sich konsequent, neben den Freiheiten und Rechten für natürliche und vor allem juristische Personen im Wirtschaftsvölkerrecht analog Verantwortung und Pflichten festzulegen. Sie sind zu systematisch umlagert von den Nutznießern des freien Kapitalverkehrs, des Handels, grenzüberschreitender Investitionen und Inhabern Haltern geistiger Eigentumsrechte, dass sie nur noch oder vorrangig deren Perspektive einnehmen und deren Interessen teilen – und die Interessen der Souveräne ignorieren, deren Vertretung und Durchsetzung ihre einzige Aufgabe wäre. So ist es zu erklären, dass es zwar einen Weltmarkt gibt, jedoch:

Was fehlt:

  • Fusionskontrolle oder Antikartellbehörde
  • vepflichtendes Lobby-Register
  • globale Steuerkoordination
  • vepflichtende Arbeits-, Sozial-, Umwelt- oder Steuerstandards.
     

Was zu fordern ist:

  • In einem globalen Finanzregister werden EigentümerInnen und Begünstigte aller juristischen Personen: Unternehmen, Kapitalanlagegesellschaften, Stiftungen, Trusts & Co. geführt.
  • Einkommen über Eigentum und zugehörige (Kapital-)Einkommen werden international automatisch zwischen den Steuerbehörden ausgetauscht.
  • Sollte ein Land sich weigern, an dieser Kooperation teilzunehmen, wird der freie Kapitalverkehr zu den kooperierenden Ländern verteuert.
  • Verpflichtendes Country-by-Country-Reporting: Transnational agierende Unternehmen müssen offen legen, in welchem Land sie welchen Gewinn erzielen und welche Steuerleistung erbringen.
  • Steuerabkommen werden von der Freistellungsmethode auf die Anrechnungsmethode umgestellt: Gewinne, die in einem Land mit niedrigeren Steuersätzen erzielt werden, werden im Sitzland des Unternehmens nachvertsteuert, im Ausmaß der Differenz zwischen den Steuersätzen – das würde der Verschiebung von Gewinnen in Niedriglohnländer jeden Anreiz entziehen.
  • Unitary Taxation: Um zu vermeiden, dass Unternehmen ihren Stammsitz in Niedrigsteuerländer verlagern, wird der Anteil des globalen Konzerngewinns, der in einem Land versteuert wird, an der realwirtschaftlichen Tätigkeit – Investitionen, Beschäftigtenund Umsatz – bemessen. Damit wäre die letzte große Steuerfluchttüre geschlossen.

Das wären einige Grundregeln für eine gerechte Besteuerung von Unternehmensgewinnen und die Vermögen juristischer und natürlicher Personen. Grundsätzlich müsste der Weltmarkt als öffentliches Gut verstanden werden, der den „UserInnen“ schon heute enorme Vorteile und Freiheiten bringt. Diesen müssen auf der anderen Seite der gerechten Wirtschaftsmedaille auch Verantwortlichkeiten und Pflichten zur Seite gestellt werden. Zu den basalen Pflichten der Weltmarktakteure zählen:

Was zum Gemeinwohl beiträgt:

  • eine globale Fusionskontrolle, die auch für die Einhaltung einer absoluten Größengrenze für Unternehmen sorgt, um die Konzentration von Macht zu verhindern;
  • Offenlegung aller Beteiligungen an anderen Unternehmen und Regeln zur Begrenzung und Bedingung von Tochter-Gründungen;
  • Verpflichtende Eintragung ins Lobby-Register, zunächst in jenes der EU, später in ein globales;
  • Verpflichtende Menschenrechts-, Arbeits-, Sozial-, KonsumentInnenschutz-, Umwelt- und Steuermindeststandards als Voraussetzung für die Teilnahme am Weltmarkt;
  • Schließlich Erstellung einer verpflichtenden Gemeinwohl-Bilanz, deren Ergebnis über freieren Zugang zum Weltmarkt und Handel entscheidet oder eben teureren Zugang und weniger freien Handel

Damit Verantwortung und Freiheit, Rechte und Pflichten auch auf internationale Ebene in Balance kommen!

 

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Tax Justice Network, Markus Meinzer: Lobbyismus in der Steuerpolitik Der lange und steinige Weg der länderbezogenen Berichterstattung
Video: CEO Tax Justice Network Alex Cobham