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Geld gemeinsam gestalten – mit Siruan Darbandi

Portrait Siruan Darbandi
Donnerstag, 29. Dezember 2022

Geld gemeinsam gestalten – mit Siruan Darbandi

Siruan Darbandi ist freischaffender Künstler und Theatermacher. Seit 2017 ist er Mitglied der Genossenschaft für Gemeinwohl. „Ich versuche mit meiner Lebenseinstellung, mit meinem Leben, die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit zu sein,“ meint er. „Monetär fühle ich mich nicht stark verwoben – ich verwende Geld“. Was Siruan sonst noch zum Thema Geld einfällt und wie er u.a. mit seiner Kompanie Freispiel Kindern wichtige Lebensthemen näherbringt, erzählt er im Interview mit Anna Erber.

 

Lieber Siruan, was bedeutet Geld für dich?

 

Geschichtlich betrachtet ist Geld eigentlich eine geniale Erfindung, ein geniales Zahlungsmittel – und Mittel zum Zweck. Mehr ist es im Grunde für mich nicht. Persönlich habe ich immer ein gutes Verhältnis gefunden von Sparen und Ausgeben. Für Dinge, die mir wirklich wichtig waren, habe ich gespart – und dann war es teilweise schwer zu entscheiden, wofür ich es tatsächlich ausgebe :) Aber meistens habe ich es gut getroffen und mir Dinge gekauft, die mir sehr lang etwas gebracht haben, z.B. mein erstes Schlagzeug, Instrumente – das sind Wertanlagen für lange Zeit, die man pflegt. Wirklich viel Geld habe ich nie gehabt, aber immer genug, so würde ich das ausdrücken.  

 

Das klingt nach einem friedlichen Zugang ...

 

Naja, wenn ich – als Kind heranwachsend – gesehen habe, dass Geld anderswo überhaupt nicht als etwas besetzt ist, das man zusammenhalten muss und das man sich schwer verdient, wie das in meinem Umfeld der Fall war (meine Mutter war alleinerziehende Kindergarten-Pädagogin), dann habe ich natürlich schon auch darüber nachgedacht, wie das wäre: Geld zu haben, über das man nicht nachdenkt, das man einfach ausgibt, für Urlaub oder Ähnliches. Dazu fällt mir ein, mit Geld in Hinblick auf Anlage hatte ich bisher nie wirklich etwas zu tun. Geld zu vermehren, daraus Profit zu generieren – in meiner engeren Familie gab es diesbezüglich keine Kultur, sodass ich das gelernt hätte. Es hat mich aber auch nie gereizt. Also zusammenfassend würde ich von mir selbst behaupten, ich habe eine gesund-kritische Haltung zu Geld.

 

Du bist ja auch Mitglied bei der Genossenschaft für Gemeinwohl :)

 

Nicht umsonst, genau :)

 

Was ist für dich Gemeinwohl?

 

Gemeinwohl ist ein Begriff, den man philosophisch wohl extrem aufmachen kann, und der sehr schön ideell besetzt ist – das liebe ich auch daran. Denn was ist das Gemeinwohl? Das Wohl aller, im besten Sinne! Auch in unserer globalisierten Welt. Wenn das Gemeinwohl das höchste Ziel und eins der höchsten Güter wäre, die wir haben, würde es für mich das gute Leben beschreiben. Insofern finde ich den Namen „Genossenschaft für Gemeinwohl“ sehr gut gewählt :)

 

Es kann aber auch ein problematischer Begriff sein, weil Gemeinwohl für uns als Menschheitsfamilie, das bedeutet für so viele Leute so viel Verschiedenes, und es ist schwer, auf einheitliche Werte zu kommen. Für die einen ist Gemeineinwohl dann gesichert, wenn der Turbokapitalismus so stark wie möglich um sich greifen kann, für andere heißt es Planwirtschaft nach Kommunismus 2.0, der mit Gewissheit nicht funktionieren wird auf die Art und Weise. Wieder für andere ist es ein philosophisch-visionär besetzer Begriff, der ein komplett neues System aufmachen muss. Und wir als Bubble sind irgendwo dazwischen, und die Genossenschaft versucht wirklich konkrete Anhaltspunkte zu setzen und dann irgendwie einen Status Quo zu erreichen, der „gelebte neue Wirtschaft“ ist – ein sehr ambitioniertes Ziel :) Ich finde das gut, und deswegen bin ich auch dabei.

 

Dürfen wir noch mehr über dich erfahren, und wie du auf die Genossenschaft für Gemeinwohl gestoßen bist?

 

Ich bin seit 13 Jahren freischaffender Künstler, Theatermacher, Musiker, und Rote-Nasen-Clown. Bei den Roten Nasen sind wir jetzt, anders als früher, alle angestellt – über diesen Verein und die Strukturen könnte ich viel erzählen, da spiegeln sich viele Herausforderungen des kapitalistischen Umfelds wider – denen dann oft auch nicht anders begegnet wird als in Oldschool-Unternehmen ... Aber es läuft dahingehend dann im Großen und Ganzen auch sehr gut.

 

Ansonsten war ich nie in fixen Ensembles von großen, gut subventionierten Häusern, sondern immer in der freien Szene. Dort gibt’s natürlich auch Hierachien, aber die sind breiter angelegt, und man muss sie sich jeweils selbst schaffen, über Vereine etc. Diese Art zu arbeiten ist mir sehr nahe – ich liebe es, alles selbst mit anderen Künstlerinnen und Künstlern auf Augenhöhe auf die Beine gestellt, und dadurch auch als Fähigkeiten erworben zu haben. Vom Grundkonzept über die einzelnen Kostüme bis hin zur Aufführung. Es kostet natürlich auch Kraft, aber letztendlich ist das für mich die fruchtbarste Arbeit – auch weil ich mir aussuchen kann, mit wem ich arbeite.

 

Für mich ist das Gemeinwohl in meiner Arbeit immer im Blick und auch als Vision verankert, weil ich hier versuche, Kunst mit dem sozialen Aspekt zu verbinden. Es braucht auf unserem Planeten viel Liebes- und Friedensarbeit, und ich versuche das – neben der Musik, Workshops und Performances für Erwachsene – besonders über das Kindertheater zu machen.

 

Vor 11 Jahren habe ich mit zwei Freunden die Kompanie Freispiel gegründet. Unsere Stücke haben meistens sehr starke Themen: Freundschaft, Kennenlernen, Andersartigkeit, Menschlichkeit, die menschliche Dummheit, die sehr lustig sein kann, unter der man aber auch leiden kann ... Ein clownisches Element ist immer mit dabei – besonders kommt es beim Stück „Ein Stück teilen“ zum Tragen (ohne Worte, für Kinder ab fünf), bei dem es ganz wesentlich ums Teilen, und dann auch um Verteilungsgerechtigkeit geht. Ich mag dieses Stück sehr, wir brechen das Thema mittels farblich markierter Umzugskartons – und selbst auch in den Grundfarben Gelb, Rot und Blau angezogen – auf eine leicht zugängliche und sehr szenische Bildsprache runter. Diese Kartons sind am Anfang ein bisschen ungerecht verteilt, und dann nimmt die Geschichte ihren Lauf ... Ich hätte mich gefreut, dieses Stück auch im Zusammenhang mit der Gemeinwohl-Ökonomie aufzuführen, mit der ich mich zwecks Recherche zu diesem Zeitpunkt viel auseinandergesetzt habe, weil sie – wie vorhin beschrieben – meine Grundinteressen trifft. Meine inzwischen leider verstorbene Tante Anna Noë-Just war ja auch in der Gemeinwohl-Ökonomie sehr aktiv.

 

Dieses Stück habt ihr immer im Repertoire?

 

Das kann jederzeit gebucht werden, wir könnten es laufend wieder aufnehmen, ja. Bei der Gelegenheit möchte ich noch auf ein zweites Stück hinweisen, das ich solo, entkoppelt von der Kompanie Freispiel geschrieben, produziert und gespielt habe. Es ist für Kinder ab drei Jahren und heißt „Mischmatsch“. Dabei geht es um Armut und Obdachlosigkeit – eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, wie ich dann selbst erfahren habe, diese Themen für Kinder aufzubereiten, aber ich finde, es ist mir nicht schlecht gelungen. :D

Dieses Stück führe ich nächstes Jahr wieder im Dschungel Wien auf. Das Echo bisher war sehr gut, es wurde auch schon international angefragt. Also: Kommt mit euren Kindern ins Theater! Neben dem schönen gemeinsamen Erlebnis macht es finde ich auch für alle recht gut sichtbar, in welchen Bereichen man sich für soziale Themen – letztendlich für das Gemeinwohl – engagieren kann.

 

Danke!