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Freiheit fürs Geld und für uns BürgerInnen

Dienstag, 15. März 2016 – von

Freiheit fürs Geld und für uns BürgerInnen

Eine Bezahlungsobergrenze könnte eine schleichende Abschaffung des Bargeldes per Salamitaktik bedeuten.

Von Christine Tschütscher. (Foto: Aleksandra Pawloff)

Von der deutschen Regierung kommt die Forderung einer gesetzlichen Obergrenze von 5000 EUR für Barzahlungen. Bis Mai will nun die EU­-Kommission prüfen, ob Ober­grenzen für Barzahlungen und die Abschaffung der 500-€-Note im Kampf gegen die Terroris­musfinanzierung eingeführt wer­den können. Unser Finanzminister kann der Idee einer Barzahlungsgrenze einiges abgewinnen, spricht sich jedoch gegen die unpopuläre Idee einer Bargeldabschaffung aus. Trotzdem könnten diese Entwicklungen der erste Schritt zur Abschaffung des Bargeldes sein. Feststellbar ist nämlich, dass es bereits jetzt überwiegend in Ländern, deren Wirtschaftspolitik von der EU-Troika dominiert wird, teilweise Beschränkungen des Bargeldes gibt (Griechenland, Spanien, Italien, Frankreich...). Wir als Genossenschaft des Projektes Bank für Gemeinwohl sehen diese Vorboten einer möglichen generellen Bargeldlimitierung sehr skeptisch. 

Mehr Bankenabhängigkeit für KundInnen 

Es fällt auf, dass diese Begrenzungen zu einem Zeitpunkt beschlossen wurden, als Banken in die Bredouille kamen. Im Falle eines Bankencrash verhindert eine Bargeldbeschränkung einen Run aufs Bargeld, die BankkundInnen könnten ihre Gelder nicht mehr beheben. Erinnern wir uns an den Beginn der Griechenland-Krise, als die Menschen in langen Schlangen vor verschlossenen Banktüren standen und verzweifelten. Wenn aus Geld nur mehr virtuelles Buchgeld wird, das von einem Konto aufs nächste fließt, geraten die BürgerInnen in größere Abhängigkeit von Banken. Negativzinsen, wie sie von Zentralbanken bereits eingeführt sind, würden dann rascher auch für die BürgerInnen spürbar werden. Und wenn der Leitzins sinkt, können die Banken ihre Margen so bequem erhalten. Die Menschen hätten dann keine Möglichkeit mehr, diesen Maßnahmen auszuweichen.

Geldanalphabetismus

Besonders betroffen wären Menschen am Rande der Gesellschaft, nämlich Menschen ohne Bankkonto: AsylwerberInnen oder nicht kreditwürdige Personen wie etwa Suchtkranke, Verschuldete und Obdachlose gerieten dann noch stärker ins Abseits. Aus meiner Erfahrung als langjährige Bankmanagerin kann ich auch sagen:  Die Privatverschuldung  würde vorangetrieben, denn vielen Personen fällt es mit zunehmender Digitalisierung des Geldes immer schwerer, ihren Konsum unter Kontrolle zu halten. Auch ältere Menschen zahlen lieber bar. Ich finde es daher wichtig, dass Jugendliche bares Taschengeld ohne Bankkonto erhalten, um den Umgang mit Geld zu be-greifen, das Geld in der Hand zu halten. Auch in unserer Gemeinwohl-Akademie, die allen Interessierten offen steht, schulen wir das Wissen rund ums Geld, um dem verbreiteten Finanz- und Geldanalphabetismus in der Bevölkerung mit Aufklärung entgegenzutreten.

Lückenlose BürgerInnenüberwachung

Ebenso bedenklich ist der Datenschutz, denn wer gezwungen ist, bargeldlos zu bezahlen, kann leichter überwacht werden, sei es vom Staat, sei es von datenhungrigen Unternehmen oder durch die Geldmafia: Bereits jetzt grassiert die Finanzkriminalität durch Phishing (betrügerische Emails um Bankdaten zu erhalten) oder Skimming (wenn meine Bankomat- oder Kreditkarte geknackt wird) und seit Edward Snowden müssen wir einen bewussteren Umgang mit unseren Spuren im Netz pflegen. Das Bargeld im Börserl ist da womöglich eine der letzten finanziellen Privatsphären, die uns verbleiben. Mir ist es daher wichtig, beim Wirt ums Eck oder im Blumenladen auch noch in 30 Jahren mit Bargeld zu bezahlen. Unproblematisch fände ich hingegen die Abschaffung der 500er Banknoten, die ich bisher kaum jemals benötigt habe.

Digitalisierung des Geldes bringt Kreativität

Wobei feststellbar ist: die Virtualisierung des Geldes ist nicht aufzuhalten. Auch wir als zukünftige Bank für Gemeinwohl werden in erster Linie eine Online-Bank sein, obgleich es in den Bundesländern mobile BankberaterInnen geben wird. Die so eingesparten Kosten kommen dem Gemeinwohl zugute: wir werden die uns anvertrauten Gelder ausschließlich in sinnstiftende Projekte wie Alternativenergie, Wohnprojekte oder soziale Firmen investieren. Und wir werden uns jeglicher Spekulation verschließen und hier kommt wieder die Bargeldlimitierung ins Spiel: je mehr Bargeldbegrenzung per Gesetz etabliert wird, desto hilfloser sind die BürgerInnen jenem Zocken, das die Banken seit 2008 so sehr in Verruf gebracht hat, ausgeliefert. Daher finden wir als Genossenschaft auch Finanzierungsoptionen abseits des klassischen Bankenwesens spannend und werden in Zukunft auch eine Crowdinvestment-Plattform anbieten, wo BürgerInnen dann selbst bestimmen, in welche der bei uns angedockten gemeinwohlorientierten Projekte sie ihre Gelder investieren möchten.

Bürger/-innenrechte bewahren

Fazit: Lasst uns die aktuelle Diskussion rund ums Bargeld sehr wachsam beobachten. Der Mitte Februar von den EU-Finanzministern proklamierte “Aktionsplan gegen die Terrorfinanzierung mittels Bargeld-Limit” könnte ein erster Probelauf für die schleichende Abschaffung des Bargeldes per Salamitaktik ein. Denn unter dem Mantel der Terrorbekämpfung wurden in den letzten Jahren wichtige BürgerInnenrechte beschnitten. Gegen diese demokratiefeindlichen Bestrebungen müssen wir auftreten.

Christine Tschütscher ist seit 2014 Vorständin der BfG-Genossenschaft des Projektes Bank für Gemeinwohl. 
(Artikelbild Geld: Christine und Hagen Graf, Quelle: flickr.com)