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Geld gemeinsam gestalten mit - Albert Schwingshandl

Sonntag, 16. Juli 2023

Geld gemeinsam gestalten mit - Albert Schwingshandl

RIOCOM - Kompetenz und Geld im Fluss

Ich bin 2019 der Genossenschaft für Gemeinwohl beigetreten, nachdem ich davor eine Zeitlang ihre Aktivitäten in den sozialen Medien verfolgt hatte. Im Herbst 2019 entschloss ich mich dann, den Zertifikatslehrgang „Geld und Gemeinwohl“ zu machen. Und ich dachte mir: Wenn ich dieses hochwertige, ganz spezielle Weiterbildungsangebot in Anspruch nehme, will ich auch die Genossenschaft unterstützen und Mitglied werden.

 

Damals hatte ich gerade begonnen, die Umwandlung des von mir vor 22 Jahren gegründeten Einzelunternehmens (mit dem Markennamen RIOCOM) in eine Genossenschaft zu konzipieren. Deshalb war es naheliegend, dieses Vorhaben der „Transformation RIOCOM“ als mein Lehrgangsprojekt zu wählen. Der Lehrgang brachte mich in Kontakt mit interessanten Vortragenden, eröffnete mir einen teilweise ganz neuen Blick auf Geld und Wirtschaft. Und dieser GfG-Spirit, genauso wie die Diskussionen und auch kritischen Fragen bei der finalen Präsentation meines Konzepts haben mich angespornt und inspiriert, für die dann nachfolgende Vertiefung des Umgründungsplans. Dieser ist heute so weit gediehen, dass die konkrete Umsetzung unmittelbar bevorsteht. Deshalb freut es mich, wenn ich in diesem Blogbeitrag die Gelegenheit habe, einige Highlights zu erzählen.

 

Einleitend will ich einen kurzen Steckbrief zeichnen: was tut das Unternehmen RIOCOM und wie tut es das?

 

WAS? RIOCOM engagiert sich in den Handlungsfeldern Wasser, Biodiversität und Klima. Das Team der aktuell 13 Expert:innen hat Kompetenzen in den Bereichen Flussrenaturierung, Katastrophenvorsorge, Hochwasserschutz, Risikomanagement, Öffentlichkeitsarbeit, Simulation&Visualisierung. Die RIOCOM Genossenschaft soll ein bewegliches, stetig wachsendes Netzwerk werden, das zusätzliche, auch geistes-, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fachbereiche integriert.

 

WIE? Gemeinschaftliches, solidarisches Wirtschaften, mit Innovation, Inklusion und nachhaltigem Impact für das Gemeinwohl. Auf dem Humus der behutsam entwickelten Unternehmenskultur und ständig gepflegter Werte. Die Soziokratie wurde 2019 eingeführt, um Strukturen für die Verteilung von Verantwortung und Werkzeuge der gemeinschaftlichen Entscheidungen zu entwickeln. 

Ein mittelfristiges Ziel ist, RIOCOM zu einem internationalen „Innovations-&Impact-Hub“ im Bereich Klimawandelanpassung zu machen, mit den Schwerpunkten 1.) NATUR - Fluss- und Landschafts-Renaturierung und 2.) WASSER - Naturgefahren, Hochwasser, Starkregen, Dürre. Denn ich habe hier eine Lücke entdeckt: es gibt schon viel Forschung und Planung, doch die Erkenntnisse kommen noch zu wenig an der Basis, bei der Umsetzung von Maßnahmen vor Ort an. Hier kann RIOCOM mit ihren Fähigkeiten und Potenzialen ganz wichtige Dienste für die Welt leisten.

 

In dem Prozess der Organisationsentwicklung in den vergangenen Jahren waren viele anstrengenden Recherchen und Forschungen und auch einige Sackgassen dabei. Einerseits betraf dies „innere“ Aspekte, damit meine ich systemische, firmenkulturelle, soziale Aspekte im Unternehmens-Organismus. Denn diese sind auch bei einem kleineren Unternehmen sehr komplex und müssen – bei einem gewichtigen Projekt wie einer Umgründung - gut ausbalanciert werden, die Mitarbeiter:innen gut im Prozess mitgenommen werden. In einer systemischen Aufstellungsarbeit bin ich zB draufgekommen, dass ich in einer frühen Phase der Umgründung den Mitarbeiter:innen bereits zu viel Verantwortung zugemutet habe (sozusagen die Zukunft der gemeinsamen Firmeneigentümerschaft schon vorweggenommen hatte). Da musste ich zurückrudern und wieder mehr in meine Hand als Firmengründer nehmen.

 

Und dann gab es äußere Faktoren zu lösen, also eine Vielzahl an finanziellen, unternehmens-, steuerrechtlichen Fragen. Hier musste ich erfahren, dass auch von Steuerberatern und Revisionsverbänden teils Neuland betreten wird, wenn ein mehr als 20 Jahre bestehendes Einzelunternehmen in eine neue Genossenschaft eingebracht wird. Ein WU-Professor erzählte mir, dass die RIOCOM-Umgründung der erste Fall eines „Employee-Buy-Outs“ in Österreich ist.

 

Ein wichtiges Element ist die Beteiligung der Mitarbeiter:innen. Sie sind eingeladen (aber natürlich nicht verpflichtet), Geschäftsanteile zu erwerben. Wobei die Schwelle niedrig angesetzt ist, damit auch Jungabsolvent:innen, die neu als Mitarbeitende hinzukommen, dies stemmen können. Eine zweite Säule für die Mitarbeitenden ist eine jährliche Gewinnprovision, und drittens eine Übertragung von Anteilen bei der Umgründung, als Anerkennung für bisher geleistete Dienstjahre. So entsteht ein System, in dem die Mitarbeiter:innen sukzessive mehr und mehr Geschäftsanteile erwerben (je nach unternehmerischem Interesse und Möglichkeit) bzw. übertragen bekommen. Und ich als Gründer des Unternehmens kann in den nächsten Jahren sukzessive Anteile, die ich jetzt für die Einbringung erhalte, abstocken und in ca. 10 Jahren in aller Gelassenheit in Pension gehen.

 

Ich denke das ist eine wunderbar geschmeidige Unternehmensübergabe, wofür die Genossenschaft als Rechtsform die flexibelsten, einfachsten Möglichkeiten bietet. Die künftige Unternehmensübergabe ist nur eines von vielen Zielen der Umgründung, aber ich finde es besonders spannend: denn dies ist eins der komplexesten, sensibelsten und meist-verdrängten Themen im Unternehmertum. Hier geht viel Wirtschaftskraft, individuelle Firmenkultur etc. verloren dadurch, dass dies zu spät und überhastet angegangen wird.

 

Noch einige Informationen zur Struktur der Genossenschaft: Die RIOCOM eG hat Kopfstimmrecht und ein Kuriensystem mit 4 Interessensgruppen, denen jeweils ein bestimmtes Stimmengewicht in der Generalversammlung zugeordnet ist. Neben den Gründer:innen („FUNDIERENDE“) bilden die Mitarbeiter:innen die zweite Kurie der „PRODUZIERENDEN“. Die dritte Kurie sind die „KOOPERIERENDEN“ Mitglieder: das sind langjährige Geschäftspartner:innen und Service-Provider, genauso wie Firmen und Expert:innen mit denen wir uns zusammentun werden, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Und die vierte Kurie sind die „INVESTIERENDEN“ Mitglieder, also Menschen und auch Unternehmen, die der RIOCOM eG Geld zur Verfügung stellen und dafür jährliche Rendite bekommen, jedoch die Genossenschaft darüber hinaus nicht wirtschaftlich nutzen.

 

Grundsätzlich geht es also bei der Umgründung darum, ein gemeinschaftliches Unternehmen zu entwickeln, in dem Miteigentum und Mitsprache auf möglichst viele Mitglieder aufgeteilt wird, die auch Risiko und Verantwortung mit übernehmen wollen. Sie sind beteiligt an einem Unternehmen, das auf nachhaltige, regionale, Sinn erfüllende Leistungen für das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Die Mitglieder haben eine gerechte Möglichkeit am Gelderfolg mitzuverdienen, transparent in das Unternehmen hinein zu blicken und bei der künftigen Führung und Ausrichtung des Unternehmens mitzu(be)stimmen.

 

Ich will diese Gelegenheit nutzen und die Mitglieder der GfG, die dies lesen, herzlich einladen, mich zu kontaktieren und sich über die Details einer Mitgliedschaft bei RIOCOM eG zu informieren. Meine Vision ist, dass sich eine ganz bunte Gemeinschaft von Menschen unterschiedlichen Alters, Profession, Interessen, Wohnort etc. – auch aus der GfG-Crowd - zusammenfindet. Damit viele Ideen, Erfahrungen und Bedürfnisse zusammenfließen und wir gemeinsam möglichst viel bewegen können in den Zukunftsthemen Wasser, Biodiversität und Klima!

 

Kontakt: Albert Schwingshandl (albert.schwingshandl@riocom.at / www.riocom.at)